
Unterwegs in fernen Künstlergalaxien
Auch heute öffnen wieder Künstler aus Düsseldorf und Umgebung ihre Ateliers. Ein Reisebericht
Von Dorothee Krings
Man könnte mit einem Zitat beginnen, bevor wir die Umhängetasche bestücken, leichtes Gepäck, nur das nachthimmelblaue Kunstpunkte-Faltblatt, ein Stadtplan, weiter nichts. Nehmen wir also auch noch einen Satz mit auf die Expedition, die Definition eines Professors für Ästhetik: Moderne Kunst kann heute „nur noch reflexiv und ironisch sein – als Inszenierung vergangener Gesten.“ Ohne Illusionen machen wir uns also auf den Weg. Wer heute noch Neues sucht, kann nur auf Bekanntes treffen, bestenfalls erkennt er es nicht wieder.
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An den Wänden der Galerie hängen sehr grüne Landschaften, schmale Bilder in Rottönen, geschmackvoll komponiert, ein Stilleben mit Weinglas. Wenig Ironie auf diesem Stern am Firmament. Vielmehr ernsthaftes Bemühen um die vergangenen Gesten.
Das kann kaum überraschen, also fliegen wir noch ein Stück weiter den Kunstpunkte Himmel entlang und landen in Mönchengladbach, im Atelier von Wolfgang Hahn. Hier strömen keine Besuchergruppen über die Straße, die blauen Faltpläne in der Hand wie Eintrittskarten in eine fremde Welt. Es ist still in der Toreinfahrt, im Innenhof, im Atelier. Keine Menschenseele.
Aber die Tür mit dem blauen Kunstpunkte-Plakat steht so weit offen, wie die Sperrangeln es erlauben. So treten wir ein, stehen allein vor einer Holzkommode, darauf kleine Figuren aus Metall, wie aus Bauklötzen zusammengesetzt, geometrisch, kantig, genau. Kein Gast ist im Raum, der nach dem Preis fragt, kein Künstler, der erklärt. Nur die kleinen Skulpturen und der Betrachter. Zeit vergeht. Die Augen ruhen auf den stämmigen Figuren, stoßen sich an den kühlen Kanten, freuen sich an der Genauigkeit. Lange nicht mehr so hingesehen. Und so ist die Expedition am Ende zufällig ans Ziel gelangt, wie das oft ist, und die Reise zu den Sternen hat sich gelohnt.
Welt am Sonntag Nr. 38, 19. September 2004
Fotos s/w: Rolf Giesen, Krefeld
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